Bioreaktor
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Eine der zentralen globalen Herausforderungen unserer Zeit besteht in der Bekämpfung des Klimawandels, der maßgeblich durch anthropogene Treibhausgasemissionen verursacht wird. Etwa die Hälfte der gesamten Treibhausgasemissionen ist auf die Gewinnung und Verwertung primär fossiler Rohstoffe zurückzuführen, die zudem endlich sind. Die jährliche Rohstoffförderung, und mit ihr die hieran gebundenen Treibhausgasemissionen, haben sich zwischen 1970 und 2017 weltweit verdreifacht – Tendenz: weiter steigend. Eine weitere globale Herausforderung besteht in der Sicherstellung einer möglichst umwelt- und ressourcenschonenden Ernährung einer kontinuierlich wachsenden Weltbevölkerung. Beide Herausforderungen werden durch die moderne Bioökonomie in den Blick genommen. Diese berücksichtigt die effiziente und nachhaltige Erzeugung, Erschließung und Nutzung biologischer Ressourcen, um Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren bereitzustellen. Hierbei werden die natürlichen Eigenschaften biogener Rohstoffe hinsichtlich ihrer Kreislauffähigkeit, der Fähigkeit CO2 zu binden und ihrer Erneuerbarkeit genutzt. Die Bioökonomie leistet hierdurch einen wichtigen Beitrag für eine klimaneutrale nachhaltige Wirtschaft.

Neue Chancen für die deutsche Industrie

Im Bereich der Bioökonomie tätige Unternehmen tragen dazu bei elf der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu erreichen, zu denen es u. a. gehört, eine intelligentere und effizientere Nutzung wertvoller natürlicher Ressourcen zu realisieren, erneuerbare Alternativen zu traditionellen fossilen Kunststoffprodukten zu schaffen, die Auswirkungen des Klimawandels zu mindern, den Energiebedarf zu minimieren sowie die vom Menschen verursachten Emissionen in Boden, Luft und Wasser zu reduzieren.

Bei der Entwicklung neuer Technologien zum Ersatz fossiler durch nachwachsende Rohstoffe nehmen Wissenschaft und Industrie in Deutschland bereits heute eine führende Rolle ein. Kamen in der Vergangenheit für die biobasierte industrielle Produktion von chemischen Grundstoffen, Feinchemikalien oder Kraftstoffen meist biologische Ressourcen zum Einsatz, deren Erzeugung in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion stand („Tank-Teller-Konflikt“), so können hierfür in modernen Verfahren, die maßgeblich von der Wissenschaft und Industrie in Deutschland entwickelt wurden, zuvor ungenutzte ligninhaltige Reststoffe aus der Agrarproduktion eingesetzt werden. In jüngster Zeit wurden darüber hinaus zahlreiche als „Carbon Capture and Utilization“ (CCU) bezeichnete Prozesse entwickelt, bei denen CO2 der Atmosphäre nicht über den Umweg einer vorgelagerten Biomasseproduktion auf land- oder forstwirtschaftlichen Flächen, sondern direkt in Produktionsverfahren für kohlenwasserstoffbasierte Produkte entzogen werden kann. Die technologische Basis hierfür liefern „Power-to-x“-Technologien, bei denen Stromüberschüsse aus erneuerbaren Energiequellen für die elektrolytische Produktion von Zwischenprodukten verwendet werden, die in kombinierten biokatalytischen Prozessen in die gewünschten Zielprodukte (z. B. chemische Grundstoffe) überführt werden. In den vergangenen Jahren sind von Industrie und Wissenschaft in Deutschland zahlreiche Pilotanalgen errichtet worden, um diese nachhaltigen Prozesse der modernen Bioökonomie weiterzuentwickeln und zu etablieren.

Auch in der Lebensmittelindustrie und -forschung sind zuletzt zahlreiche Prozesse entwickelt worden, mit denen sich biologische Ressourcen noch effizienter und nachhaltiger nutzen lassen. Neben kombinierten Produktionsmethoden wie der Aquaponik, bei der Aquakulturen synergetisch mit Hydrokulturen verbunden werden, zählen hierzu insbesondere auch Verfahren zur Erschließung neuer Proteinquellen auf der Basis von Hülsenfrüchten, Algen oder Insekten. Diese sind als Alternativen zum Eiweiß klassischer Nutztiere insofern von zentraler Bedeutung, als dass die Nutztierproduktion sehr ressourcenintensiv ist und die Umwelt in erheblichem Maße durch Treibhausgasemissionen und Nitrateinträge belastet. Insbesondere bei der Entwicklung neuer marktfähiger Endprodukte zum Fleischersatz auf Basis alternativer Proteinquellen nehmen deutsche Unternehmen inzwischen eine führende Rolle ein.

Beraten, analysieren, fördern, organisieren

Seit über 20 Jahren unterstützt die VDI/VDE-IT die Entwicklung der Bioökonomie in Deutschland. Wir fördern im Rahmen verschiedener Aufträge Cluster, Netzwerke und FuE-Projekte, die Fragestellungen der Bioökonomie behandeln. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der mittelständischen Industrie und Wirtschaft. So haben wir in den vergangenen Jahren mehrere hundert Cluster, Netzwerke und FuE-Projekte aus dem Themenfeld der Bioökonomie im deutschen Mittelstand unterstützt. Im Fokus stehen hierbei regelmäßig interdisziplinäre Fragestellungen, bei denen es darum geht, neben den Potenzialen klassischer Disziplinen der Bioökonomie, wie der Biologie oder Verfahrenstechnik, auch jene der modernen Informationstechnik, wie dem Maschinellen Lernen, zu nutzen. Darüber hinaus organisieren wir Workshops für Forschende aus Industrie und Wissenschaft und beraten unsere Auftraggeber:innen hinsichtlich der Bewertung neuer Technologien sowie technologischer Umsetzungskonzepte für Prozesse der Bioökonomie.

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Bereich Innovation und Kooperation