Elmos Semiconductor SE - Testzentrum
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In antistatischen Clogs und weißen Kitteln betreten wir das Testzentrum der Elmos Semiconductor SE. Vor uns öffnet sich ein hochtechnologisches Labyrinth aus Anlagen, Maschinen, Öfen und tausenden von Mikrochips. Am Eingang steht ein Spender für Ohrenstöpsel, denn das rhythmische Knattern und Rauschen in den Testräumen ist deutlich wahrnehmbar. 

In diesem Testzentrum werden Mikrochips auf Herz und Nieren geprüft: Sie werden gemessen, inspiziert und auf Fehler untersucht. 

Bei der Chipherstellung nimmt die Testphase rund ein Drittel der Gesamtkosten ein: Fehler kann man sich hier nicht erlauben, denn die bei Elmos entwickelten und produzierten Chips werden größtenteils in der Fahrzeugtechnik, für die Elektromobilität und immer mehr auch für das autonome Fahren eingesetzt.

Projektteam
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v.l.n.r: Dr. Anett Richter, Andreas Hettwer, Gregor Praedel (alle VDI/VDE-IT), Dr. Roland Krumm (Elmos Semiconductor SE)

Wir sind zum Projektstart nach Dortmund gereist. Hier produziert, entwirft und vertreibt Elmos, einer der führenden Hersteller für automobile Mixed-Signal Halbleiter, innovative Mikrochips.
Wir, das ist das Projektteam der VDI/VDE-IT. Als Projektträger betreuen wir die Projekte von Elmos und anderer Unternehmen, die im Rahmen des Important Project of Common European Interest (IPCEI) für Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie einzelner Bundesländer gefördert werden.

Beim heutigen Kick-off-Meeting schauen wir uns Elmos vor Ort an, denn in den kommenden Jahren sollen hier nicht nur innovative und energieeffiziente Chips entwickelt, sondern auch neue Inspektions-, Analyse- und Testanlagen angeschafft werden. 

Projektziel von Elmos ist es, Mikrokontroller, Sensoren und die Software für eine Plattform zu entwickeln, die mit künstlicher Intelligenz (KI) arbeitet, um mit intelligenten Sensorsystemen das autonome Fahren und die Elektromobilität voranzubringen.

Autonome Fahrzeuge lernen „sehen“

Ein wichtiges Element beim autonomen Fahren ist beispielsweise die Umfelderkennung. Diese muss zu 100% sicher und zuverlässig sein - sonst kann es brenzlig werden. Deshalb braucht es hochsensible Sensoren. In aktuellen Fahrerassistenzsystemen gibt es bereits gut funktionierende Ultraschall-Sensorsysteme, die etwa beim Einparken Signale geben, wenn das Fahrzeug einem Hindernis zu nahekommt. Aber für das autonome Fahren müssen diese Systeme noch genauer und leistungsfähiger werden. Bewegliche Hindernisse, wie etwa andere Verkehrsteilnehmer, müssen sehr schnell und extrem zuverlässig erfasst werden. Auch die Kenntnis der Höhe von Hindernissen ist wichtig. Denn für ein autonom fahrendes Fahrzeug ist es entscheidend, ob ein Hindernis etwa ein abgesengter Bordstein ist, der überfahren werden kann oder ein Poller. Auch unebene Untergründe wie Kopfsteinpflaster stellen für heutige Ultraschall-Sensorsysteme eine Herausforderung dar, denn durch Mehrfachechos an den groben Steinen können die Messungen gestört werden.

Elmos setzt bei der Erforschung und Entwicklung seiner neuen Sensorsysteme darum auf zwei verschiedene Technologien: Ultraschall und LiDAR. Ultraschallsensoren eignen sich gut für den Nahbereich und für geringe Geschwindigkeiten. Elmos bringt diesen akustischen Sensoren das Sehen bei. LiDAR, kurz für Light Detection and Ranging, erfasst die weitere Umgebung mit augensicherem Laserstrahl. Dabei ist die LiDAR-Technologie schneller und weniger rechenintensiv als herkömmliche Kameratechnik.  

Die Sensoren liefern in jeder Sekunde unzählige Daten, die dann so zusammengeführt und verarbeitet werden müssen, dass sie in Echtzeit die richtigen Reaktionen im Fahrzeug auslösen: Bremsen, Beschleunigen oder Ausweichen. Da es sehr lange dauern würde, diese Vielzahl an Sensordaten, die ein autonomes Fahrzeug permanent verarbeitet, zu einer zentralen Datenverarbeitungseinheit zu senden, um von dort Aktionen auszulösen, entwickelt Elmos im Projekt intelligente Mikrocontroller. Diese sind in der Lage, die Daten bereits dort vorzuverarbeiten, wo sie erhoben werden. Diese Mikrocontroller sind quasi ganze Computersysteme auf einem Chip. Sie enthalten einen Prozessor und können verschiedene Funktionen an Ort und Stelle veranlassen wie beispielsweise die Vorverarbeitung komplexer Sensordaten in Echtzeit.

Elmos Testzentrum
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Darüber hinaus entwickelt Elmos die dafür notwendige Software für eine KI-fähige Plattform. Am Ende des Projekts werden die neuen Sensorsysteme in ein Testfahrzeug eingebaut und genauestens überprüft. Projektleiter Dr. Roland Krumm erklärt uns: „Das Neue an den Entwicklungen ist, dass wir an den Stellen Intelligenz ins Fahrzeug bringen, wo sie bisher fehlt. Wir bringen sie dorthin, wo die Ressourcen knapp sind: an die Sensoren und Aktoren, also an die Peripherie der Fahrzeuge.“

Das heißt, die Mikrocontroller müssen nicht nur sehr zuverlässig und effizient arbeiten, sondern auch unter den rauen Bedingungen im Fahrzeug reibungslos funktionieren. Jetzt wird auch klar, warum im Testzentrum die Mikrochips beim Test so gequält werden: Die Sensorchips werden hier unter Extrembedingungen getestet, denn im Fahrzeug sind sie mitunter sowohl der Hitze des Motors als auch winterlichen Minustemperaturen ausgesetzt.

Auf unserem Rundgang durch das Unternehmen passieren wir auch einen kleinen ZEN-Garten. Umgeben von hochmoderner Technologie, effizienten Arbeitsabläufen und automatisierten Produktionsstätten ist diese kleine grüne Oase eine willkommene Abwechslung. Hier können die Entwicklerinnen und Entwickler, die sonst eher auf Bildschirme und durch Mikroskope schauen, ihren Blick schweifen lassen und in der Hektik des Arbeitsalltags ein bisschen zur Ruhe kommen. Fast wie beim autonomen Fahren, wo wir uns zukünftig entspannt zurücklehnen und uns dank moderner Technik stressfrei durch den Verkehr kutschieren lassen. Mit diesem Gedanken, verlassen wir das hochtechnologische Testzentrum der Elmos Semiconductor SE und kehren zurück ins Hier und Jetzt.